Beispielgeschichte

Henriette

ärgerte sich! Es war ein toller Abend. Henriette und ihre beste Freundin Olga waren aus gewesen, erst etwas essen und hinterher auf die Partymeile. 04:00 Uhr wurde es bis beide wieder wohlbehalten in ihrem Bett lagen. Ok,01:00 Uhr hätte gereicht.

 

Kurz bevor Henriette “nachhause” sagen konnte hat Olga noch einmal richtig aufgedreht und eine Gruppe Jungs  angetanzt die ihnen dann auch noch einen ausgegeben haben, allerdings  waren die selber etwas angetrunken und sie wurden die Bengel nur mit einem harten “Tschüss” los.

 

  Es war jedesmal dasselbe mit Olga, kurz bevor der Heimweg anstand, sie  drehte noch einmal richtig     auf!  Irgendwie war es lustig, aber es war der Tropfen zu viel. Das Telefonat nach dem Frühstück am nächsten morgen war auch immer wieder dasselbe.   Auch heute. Gerade, nach dem Frühstück hatten sie  telefoniert. Und Olga sage am Schluss: “Warum hast du mich nicht davon abgehalten, die letzten beiden Wodka waren doch unnötig!”

 

 Henrietta ärgerte sich. Olga war trotzdem ihre beste Freundinn, und es war ein toller Abend. Aber das Ende war immer gleich, Olga drehte auf und beschwerte sich am nächsten morgen, dass sie, Henriette, sie nicht abgehalten hat. Natürlich nur im Scherz, und Henriette sagte jedesmal: “Nächstes Mal haue ich dir eine rein und  schleif dich ins Taxi!” Und dann beendeten beide lachend das Telefonat.Natürlich auch heute.

Aber heute ging es Henriette  nicht aus dem Sinn: Jedes Mal der gleiche Ablauf. Und dabei war sie ganz ruhig geblieben und ist weder auf Olga eingegangen.noch hat sie sie durch Reden versucht Olga vom Gehen sofort zu überzeugen. Alles schon ausprobiert. Nichts genutzt. Olgas “Aufdrehen” war und blieb fester Bestandteil des Abendprogramm.

 Henriette lebte auf einem Bauernhof und musste auch Sonntags nach dem Frühstück erstmal die Tiere füttern. Was keiner wusste: Henriette konnte sich mit den Tieren unterhalten und die Tiere hatten sie oft um Rat gefragt. Da sie die Tiere verstand konnte sie sie natürlich auch nicht essen und so hatten sie und ihr Mann auf Bio-Ei und Bio-Milch umgestellt und die Tiere blieben am Leben bis sie von selber das Zeitliche segneten. Das klappte bei dem Nebenerwerbshof prima. 

 Nach dem Telefonat dachte Henriette: Heute werde ich mal die Tiere um Rat fragen: Vielleicht haben sie ja eine Idee.

Als erstes fütterte sie die  Kühe. Emma und Brunhilde , ihre Lieblingskühe  hatte auch gleich die  Lösung, nachdem Henriette sie ihr Problem anvertraut  hatte:Emma:  “Ist doch super! Lass sie  laufen und freu die über die kostenlosen Getränke!” Brunhilde aber,nicht weniger engagiert, meinte:”Nächste Mal stellst du sie vor die Wahl und sagst: “Ich gehe, du kommst mit oder eben nicht!”

Als sie die Hühne und den Hahn fütterte und mit ihnen darüber sprach gackerten die Hühner wild durcheinander:”  Gar nicht erst mit Olga losgehen” “Das Problem beim Telefonat thematisieren” “Nur noch essen gehen”  “Olga KO Tropfen ins Glas geben” “Das Taxi vorher zu 23 Uhr bestellen” “Olgas Freund sagen, dass er sie um 23 Uhr abholen soll”

 Nur der Hahn, der sonst immer große Klappe hatte,  schwieg und pickte still vor sich
  hin. Henriette fragte den Hahn: “Hey Hahn, was meinst du denn?” Der Hahn guckte, ganz entgegen seines üblichen Verhaltens, nachdenklich und sagte dann: “Ich weiss nicht mit euch Menschen Bescheid. Ich habe ja keine Arme und keine Hände. Aber wenn ich Arme und Hände hätte…… . Ihr wisst ja, ich krähe meistens laut und schrill, und je ruhiger ihr Hühner werdet, umso lauter und schriller krähe ich.
 

 Und ihr Hühner duckt euch, weil euch mein Krähen unangenehm, ja fast  aggressiv erscheint, aber: Ich krähe für mein Leben gern! Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass eines von euch Hühnern mal so zum Tagesabschluss und Tagesbeginn mit mir zusammen kräht. Deshalb krähe ich immer lauter je leiser ihr werdet, in der Hoffnung, euch zum Mit-Krähen zu bewegen!

Aber ihr duckt euch immer mehr, und ich krähe am Schluss so laut, dass ich heiser bin und die ganze Nacht abends und morgens den ganzen Tag zur Erholung meiner Stimme benötige. Deshalb krähe ich auch nur 2 x am Tag.

 

Also wenn ich Arme und Hände  hätte, Henriette: Ich würde Olga bei den Händen nehmen und  ihr in die Augen und mit Ihr krähen und  sie nicht loslassen. Und wenn ihr zusammen im Einklang kräht, dann kommt von selber der Zeitpunkt, Henriette, wo du ein wenig leiser krähen kannst. Und Olga wird dir folgen, weil auch sie am liebsten mit dir zusammen krähen will, bis ihr ganz leise, ja was denn, krähen kann man das ja nicht nennen, überhaupt: kräht Olga?”  Dann pickte der Hahn weiter.

 

Henriette dachte darüber nach, was die Tiere ihr geraten hatten, kaufte einen zweiten Hahn und hörte den beiden beim Krähen zu. Tatsächlich: Beide krähten  Immer noch nicht schön, aber selbst zusammen nicht mehr so schrill wie der erste Hahn vorher, als  er noch alleine war.
 

Ein paar Monate später, als es wieder soweit war, dass Henriette und Olga raus gingen, waren sie um 12:00 Uhr tatsächlich wieder zuhause. Beim Telefonat nach dem Frühstück  lachten sie über die verrückten Leute, die sie entdeckt hatten und freuten sich den nächsten gemeinsamen Abend.

 

 

Kommentar

 

Diese Geschichte ist eine der bodenständigen, auch wenn es „spooky“ ist, mit Tieren zu reden. 

 

Die Erlaubnis des Eigentümers der Geschichte, diese hier anonym zu veröffentlichen, habe ich ausdrücklich! Der Eigentümer fand es besonders „spooky“, dass es eine Frauengeschichte war und  seine ernsthafte Herausforderung im Erziehungsbereich lag und kein "Partyproblemchen" war. Er war nicht besonders begeistert, als er „seine“ Geschichte erhielt. 

 

Erst nach einem halben Jahr hat er mich noch einmal angerufen, um mir zu sagen, dass die Herausforderung gemeistert wurde.  Und zwar durch Brunhilde und nicht durch den Hahn, wie ich vermutet hätte.  

 

Das zeigt: Ich bin Geschichtenschreiber, kein Ratgeber: Das Wesentliche ist, wie Sie Ihre Geschichte weiterschreiben! Ich freue mich auf Ihre Gedanken, Ziele und Pläne.